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Die Oberkreide Westfalens

Die oberkreidezeitlichen Sedimente und ihre Fauna

 

In der unteren und mittleren Oberkreide (Cenoman bis Unterconiac) sind kalkige bis kalkig-mergelige, in der höheren Oberkreide mehr tonig-mergelige Sedimente vorherrschend. Im Cenoman und Turon stellte das westfälische Oberkreidemeer einen relativ gleichförmigen Ablagerungsraum dar. Es lassen sich eine kalkig-mergelige Beckenfazies und eine sandig-mergelige Küstenfazies unterscheiden. Das Beckentiefste befand sich im Gebiet des heutigen nördlichen Teutoburger Waldes. Im Coniac setzte hervorgerufen durch tektonische Bewegungen eine umfassende Umgestaltung des Ablagerungsraumes ein. Der Meeresboden wurde in Schwellen und Teilbecken gegliedert, die zu einer stärkeren faziellen Differenzierung der Ablagerungen führten.

 

Cenoman

Das tiefere Untercenoman ist im Südosten der Westfälischen Bucht noch sandig-mergelig, teilweise konglomeratisch, bis mergelig-kalkig ausgebildet (Cenoman-Mergel). Das obere Untercenoman ist in der typischen Pläner-Fazies entwickelt. Es handelt sich um einen dickbankigen, ziemlich harten und festen Mergelkalkstein mit dünnen Kalkmergelsteinzwischenlagen. Charakteristisch für diese Plänerkalksteine ist das Auftreten von Hornsteinen, Kieselsäurekonkretionen unregelmäßiger bis kugeliger Gestalt, die sich durch ihre dunkelgraue bis schwarze Farbe deutlich vom hellen Kalkstein abheben. Das Mittelcenoman (rhotomagense-Zone) besteht aus Mergelkalksteinen mit Übergängen zu reinen Kalksteinen. Das Obercenoman läßt sich im Südosten der Westfälischen Bucht nur paläontologisch vom Mittelcenoman abtrennen. Es besteht besteht aus festen, grauen bis weißgrauen, karbonatreichen (ca. 95% CaCO3) Kalksteinen mit glattem-muscheligen Bruch. Häufig sind Markasit-Knollen. Mittel- und Obercenoman werden zusammengefaßt als Cenoman-Kalk bezeichnet. Der Cenoman-Kalk ist die Rohstoffbasis der Zementindustrie im Raum Rheine-Neuenkirchen-Wettringen im Norden der Westfälischen Bucht. Im Südwesten der Westfälischen Bucht ist das gesamte Cenoman in sandig-glaukonitischer Fazies ("Essener Grünsand") entwickelt.

Fauna
Cephalopoden Schloenbachia varians
  Mantelliceras mantelli
  Acanthoceras rhotomagense
  Turrilites costatus
  Actinocamax plenus
   
Muscheln Inoceramus crippsi
  Inoceramus virgatus
  Inoceramus tenuis
  Inoceramus pictus

 

Turon

Das Unterturon (labiatus-Schichten) wird durch graue bis blaugraue Kalkmergel- bis Tonmergelsteine vertreten, die an der Basis häufig rot bis rotbraun gefärbt sind ("Rotpläner"). Das Mittelturon (lamarcki-Schichten) ist bereits bedeutend karbonatreicher ausgebildet und wird durch flaserige Mergelkalksteine vertreten. Im Südwesten der Westfälischen Bucht tritt ein sandig-glaukonitischer Horizont, der Bochumer Grünsand, auf. Die gradierten Bänke eines glaukonitischen Kalkarenits ("Grünsand von Rothenfelde") deuten bereits auf erste Bodenunruhen der spätcretazischen saxonischen Gebirgsbildung hin. Das Oberturon (striatoconcentricus-Schichten) hebt sich wiederum als sehr karbonatreiche Schichtstufe deutlich von den darunter liegenden Mergelkalksteinen des Mittelturon ab. Die Schichten bestehen überwiegend aus dickbankigen, dunkelgrauen oder bläulichweißen Plänerkalksteinen mit durchschnittlich 70% CaCO3. Im Süden der Westfälischen Bucht tritt an der Basis des Oberturon ein sandig-glaukonitischer Horizont auf, der Anröchter oder Soester Grünsand, der nach Osten hin zunehmend in die kalkig-mergelige Normalfazies übergeht.

Fauna
Seeigel Micraster
   
Brachiopoden Gibbithyris
  Cretirhynchia
  Orbirhynchia
   
Cephalopoden Scaphites geinitzi
  Mammites nodosoides
  Texanites (Peroniceras) subtricarinatum
  Lewesiceras peramplus
   
Muscheln Inoceramus labiatus
  Inoceramus lamarcki
  Inoceramus striatoconcentricus

 

Coniac

Im Unterconiac (schloenbachi-Schichten) kam es zur Ablagerung mergeliger Kalksteine (70 - 90% CaCO3) und kalkiger Mergelsteine (50 - 70% CaCO3), die im Raum Erwitte-Geseke-Paderborn Rohstoffgrundlage der dort ansässigen Zementindustrie sind. Mit dem Mittelconiac begann die für die höhere Oberkreide typische, sehr gleichförmige Schichtenfolge aus Tonmergel- und Mergelsteinen, Ausdruck einer lang andauernden Stillwasserfazies zur Zeit des Höhepunktes der Transgression des Kreidemeeres. Die Ablagerungen, die stratigraphisch bis in das Mittelsanton reichen, wurden früher unter dem Begriff "Emscher-Mergel" zusammmengefaßt.

Fauna
Seeigel Holaster
  Sternotaxis
  Micraster cortestudinarium
  Micraster coranguinum
  Micraster brevis
   
Brachiopoden  
   
Cephalopoden Tragodesmoceras mülleri
  Scaphites geinitzi
   
Muscheln Inoceramus schloenbachi
  Inoceramus deformis
  Inoceramus koeneni
  Inoceramus involutus

 

Santon

Das Untersanton besteht in der Westfälischen Bucht noch recht einheitlich aus grauen Tonmergelsteinen. Vom Mittelturon an kam es im Westen und Südwesten der Westfälischen Bucht immer wieder zu sandigen Einschaltungen (Recklinghäuser Sandmergel, Halterner Sande, Osterfelder Sande), die auf eine Umgestaltung des Ablagerungsraumes schließen lassen. Im Obersanton entstand der Trümmererzhorizont von Borken/Westf.

Fauna
Seeigel Micraster coranguinum
   
Brachiopoden  
   
Cephalopoden Gonioteuthis westfalica
  Gonioteuthis granulata
  Hauericeras pseudogardeni
  Placenticeras schlüteri
   
Muscheln Inoceramus cordiformis
  Inoceramus pachti
  Inoceramus pinniformis

 

Campan

Die vorherrschenden Gesteine des Campan sind Tonmergel- bis Kalkmergelsteine. Vor allem im Nordwesten der Westfälischen Bucht, in den Baumbergen (Baumberger Kalksandstein), aber auch im Westen und Südwesten (Bottroper Sandmergel) kamen sandige Gesteine zur Ablagerung. Die Kalkmergel- bis Mergelkalksteine der Beckumer Schichten (Obercampan) sind die Rohstoffbasis der Zementindustrie im Raum Beckum-Ennigerloh.

Fauna
Seeigel  
   
Brachiopoden  
   
Cephalopoden Gonioteuthis quadrata
  Belemnitella mucronata
  Hoplitoplacenticeras vari
   
Muscheln Inoceramus balticus
   

 

Literaturhinweise

BRAUN, Franz-Josef (1964): Die "grünen" und "blauen" Werksteinbänke von Anröchte und Klieve aus den Scaphitenschichten der Turonserie. - Fortschr. Geol. Rheinl. u. Westf.,7: S. 479 - 486, 2 Taf., 2 Abb., 1 Tab.; Krefeld.

DRIESEN, Barbara & KOCH, Michael & MICHEL, Gert & STEHN, Otto & WREDE, Volker (1990): Erläuterungen zu Blatt C 4310 Münster. - Geol. Kt. Nordrh.-Westf. 1:100.000, Erl., C 4310; Krefeld.

GRABERT, H. (1998): Abriß der Geologie von Nordrhein-Westfalen. - 351 S., 204 Abb., 11 Tab.; E. Schweizerbart´sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart.

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KEMPER, Edwin (1976): Geologischer Führer durch die Grafschaft Bentheim und die angrenzenden Gebiete (Das Bentheimer Land Nr. 64). - 206 S., 42 Abb., 34 Taf.; 5. Aufl., Verlag Heimatverein der Grafschaft Bentheim e.V.; Nordhorn-Bentheim.

SKUPIN, K. (1982), mit Beitr. von MERTENS, H. & MICHEL, G. & SEIBERTZ, E. & WEBER, P.: Erläuterungen zu Blatt 4218 Paderborn. – Geol. Kt. Nordrh.-Westf. 1 : 25000, Erl., 4218: 140 S., 19 Abb., 15 Tab., 2 Taf.; Krefeld.

SKUPIN, K. (1985), mit Beitr. von DAHM-ARENS, H. & MICHEL, G. & VIETH-REDEMANN, A. & WEBER, P.: Erläuterungen zu Blatt 4317 Geseke. – Geol. Kt. Nordrh.-Westf. 1 : 25000, Erl., 4317: 155 S., 16 Abb., 12 Tab., 2 Taf.; Krefeld.

SKUPIN, K. (1989), mit Beitr. von DAHM-ARENS, H. & MICHEL, G. & VIETH-REDEMANN, A. & WEBER, P.: Erläuterungen zu Blatt 4418 Wünnenberg. – Geol. Kt. Nordrh.-Westf. 1 : 25000, Erl., 4418: 151 S., 15 Abb., 10 Tab., 1 Taf.; Krefeld.

letzte Aktualisierung. 14. Dezember 2005 20:07